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Buchtipps - Romane / Erzählungen

Mai 1970: In der experimentellen psychiatrischen Kommune des Psychiaters Zack Busner in London treffen Menschen und Traumata aus dem Pazifikkrieg aufeinander: ein Überlebender des von den Japanern torpedierten Kriegsschiffes USS Indianapolis, das kurz zuvor die für Hiroshima bestimmte Atombombe transportiert hat, und ein britischer Beobachter, der an Bord des Bombers den Abwurf miterlebt hat. Gemeinsam mit Zack Busner begeben sich die Patienten auf einen LSD-Trip, in dem die Grenzen zwischen Wahn und Wirklichkeit endgültig zerfließen.

Dies ist das herausragende literarische Opus von einem der großen Autoren seiner Generation. Ein grandioser Bildungsroman mit musikalischer Grundierung und das kunstvoll komponiertes Porträt eines Angepassten, mit weiten Ausflügen in Politik, Historie, Soziologie, Psychologie und, nicht zuletzt, in die jüngere Musikgeschichte, von Schönberg bis Cage. 

Im Dorf nennen sie alle nur Arminuta, die Zurückgekommene. Warum hat man sie zu ihren leiblichen Eltern zurückgeschickt? Wer ist ihre Mutter? Die, die sie geboren hat, oder die, bei der sie aufgewachsen ist? »Als Dreizehnjährige kannte ich meine andere Mutter nicht mehr.« So beginnt die Geschichte, in der ein junges Mädchen mit einem Koffer und einem Sack voller Schuhe bei einer ihr unbekannten Familie abgeliefert wird. Die echten Eltern wollten sie wieder haben, mehr haben ihr die, die sie bisher Vater und Mutter nannte, nicht erklärt.

Der Bauer Paul ist engstirnig und hartherzig, ein Schläger und Trinker. Aber selbst merkt er das gar nicht. Kunstvoll und präzise lässt Revaz ihn seine eigene Welt schildern – und sich dekuvrieren. Paul lebt für seinen Hof und seine Tiere, er ist ein wortkarger und harter Mann, der seine Frau einfach nur »Vulva« nennt, seine Kinder nicht beim Namen kennt und schon mal zuschlägt, »weil was man gern hat, das klopft man«. Doch dieser Sommer ist anders, denn Vulva wird krank, die Tiere geraten in Gefahr, und der Wanderarbeiter Georges bringt neue Töne in Pauls Leben und das der ganzen Familie.

Karen Duves so lakonischer wie gnadenlos sezierender Roman über die junge Dichterin Annette von Droste-Hülshoff und die Welt der letzten Romantiker, die deutsche Märchen sammelten, während die gute alte Ordnung um sie herum zerfiel. Das Porträt einer jungen Frau in einer Welt, in der nichts so blieb, wie es war. Fräulein Nette ist eine Nervensäge! Dreiundzwanzig Jahre alt, heftig, störrisch und vorlaut, ist sie das schwarze Schaf, das nicht in die Herde ihrer adligen Verwandten passen will.

Annie Ernaux schreibt die objektive Biographie ihres Vaters. Dabei wird sie zur genauen Beobachterin der Verhältnisse, aus denen sie stammt. Das Erscheinen von Der Platz 1983 markiert einen Einschnitt in der französischen Literatur – diese neuartige Form der Selbstbetrachtung ist der Glutkern der Autofiktion.

Nach seinem erfolgreichen Roman »Fremde Seele, dunkler Wald«, der auf der Shortlist des deutschen Buchpreises stand, schreibt Reinhard Kaiser-Mühlecker über die Umbrüche unserer Gegenwart. Nach Jahren auf Reisen kehrt ein Journalist in den Ort seiner Kindheit zurück, an dem er nie heimisch war. Er schreibt für das kriselnde Lokalblatt, er beginnt eine Affäre und arbeitet auf dem Hof eines Mastbauern, dessen Land enteignet wurde. Rätselhaft und faszinierend sind sie, Ines, Hemma, Flor, und sie ziehen ihn hinein in die Kämpfe um ihr Leben, das ihnen weggenommen wird.

»Haus aus Stein« ist nicht nur der wichtigste Text im Werk der gefeierten türkischen Schriftstellerin Asli Erdogan. In diesem symphonisch komponierten Roman über Gefangenschaft und den Verlust aller Sicherheiten nimmt sie auch auf erschütternde Weise die eigene Gefängniserfahrung vorweg. »Was hatte ich hier zu suchen? Was war übrig von einem Ich?«, fragt einer der Protagonisten. Ein anderer wird freigelassen, doch was in der Haft geschehen ist, bleibt unsagbar, und er verfällt allmählich dem Wahnsinn.

Erstmals das Gesamtwerk der Bestsellerautorin Irmgard Keun in einer kommentierten Neuausgabe. Irmgard Keun gilt seit der aufsehenerregenden Wiederentdeckung ihres Werkes in den 1970er Jahren als eine der großen Schriftstellerinnen der »Neuen Sachlichkeit«. Dabei hat sich die Aufmerksamkeit vor allem auf zwei Romane konzentriert: »Das kunstseidene Mädchen« (1932) und den im niederländischen Exil erschienenen »Nach Mitternacht« (1937). Diese Neuausgabe präsentiert erstmals das Gesamtwerk Irmgard Keuns.

Als Säugling auf der Flucht durch das Strandža-Gebirge wird Pinjo von ihrer Mutter im Wald zurückgelassen. Anfangs von einer Hirschkuh gestillt, findet sie die Karakatschanin Chrisula und lässt den Säugling bei ihrem Nomadenvolk aufwachsen. Als die kleine Pinjo einige Jahre später die geheime Liebe der Ziehmutter und deren Schwager Jorgos verrät, verlassen Chrisula und das Mädchen die Sippe und ziehen in die multiethnische, multireligiöse und vielsprachige Stadt Edirne.