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Buchtipps

Mit diesem Lob der Melancholie kehrt László F. Földényi nach 40 Jahren zu seinem Lebensthema zurück und nähert sich ein weiteres Mal jener unzeitgemäßen Stimmung. In einem feinen Gewebe von Essays durchstreift er Malerei, Kino und Literatur und entlockt ihnen die Erfahrung einer Sehnsucht, die in ihrer Zartheit alles mit sich zu reißen vermag. Dabei begegnet uns die Melancholie in all ihrem betörenden kulturellen Reichtum als verunsichernder dunkler Schatten des sonst so strahlenden, vergnügungssüchtigen Diesseits - ohne jedoch den versöhnenden Glauben an ein Jenseits anzubieten.

Nach der Beerdigung seiner Mutter kehrt Ferenczi nicht in die leere Wohnung zurück, sondern fliegt nach Madrid. Auf dem Hotelbalkon an der Puerta del Sol, während von unten »Tanzmusik, Freudenmusik und Trauermusik« heraufdringt, geht ihm durch den Kopf, wie anders das Leben verlaufen wäre, hätten die kommunistischen Behörden seinen Eltern nicht die Hochzeitsreise nach Spanien verweigert – das Hotel an der Puerta del Sol war schon gebucht. Sein Vater wäre nicht in den Bergen verunglückt, und seine Mutter hätte ihre Gesangskarriere gemacht, statt putzen zu gehen.

2018 wieder aktuell: Präzise Diagnosen einer Gesellschaft in der Krise. Es hat nicht viele deutsche Gelehrte und Intellektuelle gegeben, die wirklich politische Urteilskraft bewiesen haben. Gleich nach dem Ersten Weltkrieg, während der Revolution und in den ersten Jahren der Weimarer Republik, hat der Philosoph und Theologe Ernst Troeltsch unter dem Pseudonym »Spectator« in der bildungsbürgerlichen Kulturzeitschrift »Der Kunstwart« veröffentlicht.

Das Buch befragt die deutsche Literatur- und Geistesgeschichte nach der Verdrängung der jüdischen Tradition und markiert die Lücken, die durch die Vertreibung der geistigen Repräsentanten des Judentums aus dem deutschen Sprachraum gerissen worden sind. Als in Deutschland gegen Ende des 18. Jahrhunderts uneingeschränkte Bewunderung für das antike Griechentum aufkam, wurde gleichzeitig das sich gerade der europäischen Aufklärung öffnende Judentum auf dem Schauplatz der Religionskritik vehement bekämpft.

Giovanni Orellis Erstling «Der lange Winter» wurde 1964 noch im Manuskript mit dem Veillon-Preis ausgezeichnet und machte den Tessiner Autor mit einem Schlag bekannt. Nüchtern und präzis schildert Orelli die Bedrohung eines kleinen Dorfes im Bedrettotal durch gewaltige Schneemassen und zeigt, wie «die vordergründige Realität sich allmählich in Versatzstücke auflöst und das Vertraute dem Unheimlichen weicht» (Alice Vollenweider). Die Bewohner müssen entscheiden, ob sie im Dorf bleiben wollen oder ob sie ins sichere Tal ziehen.

»Wie halten Sie es heute mit dem Misstrauen?« »Das Misstrauen wird stärker, aber bei mir ist es, glaube ich, genetisch angelegt. Ich war schon vor der Geburt misstrauisch.«

Von einer sogenannten schönen Kindheit wird hier erzählt, die unter der musisch-bürgerlichen Politur viel Ähnlichkeit mit der Hölle hat. Denn das Mädchen, das da heranwächst, ist dick. Sehr dick. Innersekretorische Störungen sagen die Ärzte, aber die andern sagen: Fettfleck. Was sich aus der Ferne wie Dummejungenstreiche von Mitschülern ausnimmt, sind in Wahrheit bewußt grausame Angriffe, lieblos und zerstörerisch. Die Eltern, die nur wenig Zeit für die Tochter aufbringen, schicken sie in Schulheime und Sanatorien.

Nachdem er jahrelang die Zerstörung seiner Familie im Holocaust verdrängte, beginnt der Geigenbauer Amnon Weinstein in seiner Werkstatt in Tel Aviv in den 1990er Jahren damit, Geigen zu restaurieren, die von jüdischen Musikern während des Holocausts gespielt wurden. Denn vor ihm steht ein Mann, der im Orchester von Auschwitz spielte, seine Violine über Jahrzehnte nicht angerührt hat und sie nun für seinen Enkel reparieren lassen will. Als Weinstein das Instrument öffnet, entdeckt er im Inneren Asche, die aus den Krematorien stammen muss.

Der Band dokumentiert das wechselvolle Schicksal der privaten Bibliotheken bedeutender deutschsprachiger jüdischer Intellektueller und Gelehrter des 20. Jahrhunderts, darunter Hannah Arendt,Walter Benjamin, Hilde Domin, Lion Feuchtwanger, Sigmund Freud,Magnus Hirschfeld, Erich Mendelsohn und Jürgen Kuczynski. Die siebzehn Einzelbeiträge befassen sich mit der Entstehung dieser Bibliotheken, mit Sammelschwerpunkten und bibliophilen Neigungen ihrer Besitzer wie auch mit ihrer Exilgeschichte, ihrem Verbleib oder Verlust.

Eine junge Frau wird als Nachtwächterin in einer Verpackungsfabrik eingestellt. Abend für Abend macht sie ihren Rundgang, kontrolliert die Zäune. Ein Wolf soll in das Gelände eingedrungen sein. Mit jeder Nachtschicht wird die Suche nach dem Wolf mehr zu einer Suche nach sich selbst und zur Frage nach den Grenzen, die wir ziehen, um das zu schützen, woran wir glauben. "Gianna Molinari nimmt uns an Bord einer literarischen Forschungsreise zu den Terrae Incognitae der Gegenwart, nimmt uns vom vermeintlich sicheren Ufer mit ins offene Meer." Ruth Schweikert "Manche Bücher sind wie Inseln.